Lebenspraxis | Ein Einsichts- und Lebenserfahrungs-Blog zu Achtsamkeit
Achtsamkeit – In Einklang mit dem Leben
Warum ist es eine gute Idee, Achtsamkeit zu üben? Weil eine achtsame Lebensweise in besonderer Weise in Einklang mit dem Leben ist! Die Idee der Achtsamkeit und ihre grundlegenden Prinzipien lassen sich nämlich aus dem Leben selbst ableiten. Wie, das möchte ich hier zeigen.
Dieser Moment, sonst nichts
Eines der Prinzipien der Achtsamkeit ist Gegenwärtigkeit. Wir wollen hier sein, bei dem, was in diesem Moment gerade erfahren werden kann. Wir wollen also nicht unseren Gedanken über die Vergangenheit und unseren spekulativen Gedanken über die Zukunft nachhängen. Wir wollen nicht in Gedanken bei alledem sein, was wir noch alles zu tun haben, während wir vielleicht gerade an einem wunderschönen Ort sind oder in einem Gespräch mit einem lieben Menschen. Wenn wir nicht „hier“ sind, verpassen wir die Fülle und die lebendige Frische, die der jetzige Lebensmoment bereit hält. „Life is what happens to you, while you‘re busy making other plans“ (Leben ist das, was passiert, während Du eifrig dabei bist andere Pläne zu machen), so hat es John Lennon in einem Song ausgedrückt. Die Wahrheit des Lebens ist: Es gibt immer nur diesen Moment! Vergangenheit ist vorbei und deshalb gewissermaßen irreal. Noch irrealer ist die Zukunft. Die ist allenfalls eine Vorstellung von etwas, was es wahrscheinlich nie genau so geben wird! Es gibt nur diesen lebendigen jetzigen Moment! Das Leben ist hier – nur hier. Allein deshalb ist es eine gute Idee, sich dem zuzuwenden, was wirklich hier ist. Wenn wir das tun, dann entdecken wir erst, was wir zuvor verpasst haben: Das Leben ist eine reiche Erfahrung! Wir entdecken all die Kleinigkeiten in dieser Fülle eines Moments. Wenn wir uns für diese Einzelheiten interessieren, kommen wir vielleicht aus dem Staunen über das Wunder des Lebens nicht mehr heraus. Sie sehen: Gegenwärtigkeit ist deshalb ein Prinzip der Achtsamkeit, weil es nichts anderes als diese unmittelbare Gegenwart gibt!
Werten und Wirklichkeit
Wenn wir uns der Gegenwart zuwenden, dann ist das auch ein Hinwenden zur Wirklichkeit. Nochmals: Nur das, was in diesem Moment da ist, ist lebendig und real! Das Hinwenden zum Moment ist also Realitätssinn. In Verbindung mit dieser Hinwendung zur Wirklichkeit steht ein zweites zentrales Prinzip der Achtsamkeit: Nicht werten. Wir verpassen nicht nur viel vom Leben, weil wir nicht gegenwärtig sind, tatsächlich verfälschen wir noch dazu die Wirklichkeit der gegenwärtigen Erfahrung indem wir ihr unsere Interpretationen, also unsere Wertungen, überstülpen. Zum Beispiel stecken wir Menschen gerne in eine Schublade, sehen sie durch eine bestimmte Brille. Das ist oft im engsten privaten Kreis besonders relevant. Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande, sagt ein auf einer Bibelgeschichte beruhendes Sprichwort. Jesus konnte in seinem Geburtsort Nazareth niemanden heilen. Wie sollte das denn gehen, mögen die Menschen dort vielleicht gedacht haben, das ist doch nur der Zimmermannssohn von nebenan. Es ist manchmal nicht das Einfachste, die Anerkennung gerade seiner Nächsten zu erhalten. Ich denke derei Beispiele kennt jeder. Aufgrund unserer Erfahrungen in der Vergangenheit neigen wir dazu, Dinge, die uns begegnen, nach einem daraus entwickelten Schema der Wahrnehmung zu interpretieren. Infolgedessen unterscheiden sich zum Beispiel Zeugenaussagen manchmal erheblich. Wir begegnen dem Leben auf unterschiedliche Art und Weise. Was der eine als „gut“ bewertet, wertet ein anderer als „schlecht“ und beide erzählen sie drumherum eine vielsagende Geschichte, warum es gut ist oder schlecht. Wir werten und erzählen Geschichten. Tatsächlich ist das eine Verfälschung der Wirklichkeit. In der Achtsamkeitspraxis, etwa in der Meditation, erforschen wir, was wirklich da ist. Wie ist unsere Erfahrung wirklich ohne sie in einen bestimmten Rahmen zu stellen? Wir sehen: Achtsamkeit ist eine gute Idee, denn sie wendet sich der Wirklichkeit zu. Das Leben selbst lässt alles wertfrei in Erscheinung treten. Die Schubladen, in die wir die wertfreie Wirklichkeit gerne einsortieren, sind tatsächlich unsere eigenen. Insofern ahmen wir mit dem Prinzip des Nicht-Wertens das Leben gleichsam nach. Freilich kann man hier darüber diskutieren, ob nicht gewisse ethische Prinzipien für einen mäßigen Gebrauch von Wertungen sprechen. In der Tat kann man auch derartige Prinzipien aus der Beschaffenheit des Lebens ableiten. Das möchte ich an dieser Stelle nicht weiter erörtern. Hier geht es darum, aufzuzeigen, wie sich das Nicht-Werten aus dem Leben selbst ableiten lässt.
Das Wachsen der Akzeptanz
Eng verbunden mit unserer Neigung zum Werten, sind die daraus resultierenden Schwierigkeiten, bestimmte Erfahrungen und Sachverhalte akzeptieren zu können. Wenn wir Achtsamkeit üben und wir für einige Momente im Augenblick verweilen ohne zu werten, dann können wir ohne weiteres schnell feststellen, dass Achtsamkeit die Möglichkeit bietet, mit dem, was da ist, sein zu können. Das Unterlassen des Wertens ist der Schlüssel! Akzeptanz und Offenheit sind Prinzipien der Achtsamkeit. Sie gedeihen dann, wenn wir das Werten und die Geschichten mehr und mehr weglassen. Und so ist Achtsamkeit eben auch deshalb eine gute Idee, weil sie mehr Frieden, Harmonie und Offenheit mit sich bringt. Und in der Folge werden wir so auch flexibler.
Im Einklang mit dem Leben
Achtsamkeit ist in besonderer Weise in Einklang mit dem Leben, weil das Leben selbst so ist, wie die Achtsamkeitspraxis uns anleitet: Es gibt tatsächlich nur diesen gegenwärtigen Moment und das Leben selbst kann mit allem sein, was an vielfältigen Widersprüchen im Leben auftritt. Das angeblich „Hässliche“ hat seinen Raum, das vermeintlich „Schöne“ ebenso. Das Leben oder das Sein löst sich nicht etwa in einem großen Knall auf, weil die Widersprüche zu groß sind. Das Leben hält das alles in sich gleichermaßen. Achtsamkeit ist eine gute Idee, weil sie das Leben selbst widerspiegelt.
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