Lebenspraxis | Ein Einsichts- und Lebenserfahrungs-Blog zu Achtsamkeit
Achtsamkeit ist keine Esoterik!
Als „Esoterik-Gedöns“ bezeichnete ein Leser vor kurzem die Achtsamkeit in seinem Kommentar zu einem Artikel auf Zeit Online. Diese Esoterik-Verdächtigung ist auch mir nicht fremd. Warum dieser Leser und andere mit ähnlicher Gesinnung die Achtsamkeit allerdings zu Unrecht derart abstempeln, soll im Folgenden erklärt werden. Das abschätzige Urteil über Achtsamkeit als Esoterik sagt etwas aus über die Haltung und Denkweise der Kritiker und lässt erkennen, dass eine große Unkenntnis darüber besteht, was Achtsamkeit ist. Da Achtsamkeit eben keine Esoterik ist, befinden sich freilich auch manche bekennenden Esoteriker, die Achtsamkeit mit Esoterik gleichsetzen, im Irrtum.
Was ist Esoterik?
Was eigentlich ist diese von vielen so verpönte „Esoterik“ überhaupt? An diesem Punkt wird es schwer, denn es gibt keine einheitliche oder eindeutige Definition. Der Duden spricht von „Grenzwissenschaft“ und von „weltanschauliche Bewegung, Strömung, die durch Heranziehung okkultistischer, anthroposophischer, metaphysischer u. a. Lehren und Praktiken auf die Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung des Menschen abzielt“. Wikipedia verweist darauf, dass es keine allgemein anerkannte Definition von Esoterik gibt und beschreibt dann so: „Im populären Sprachgebrauch versteht man unter Esoterik vielfach ‚Geheimlehren‘. Ebenfalls sehr gebräuchlich ist der Bezug auf ‚höhere‘ Erkenntnis und auf Wege, welche zu dieser führen sollen. Des Weiteren wird das Adjektiv ‚esoterisch‘ häufig abwertend im Sinne von ‚unverständlich‘ oder ‚versponnen‘ verwendet.“ Aus meiner Erfahrung würde ich Esoterik etwas verkürzt so beschreiben: Eine Geisteshaltung, die sich auf vermeintliche höhere Erkenntnisse bezieht und sich insbesondere dadurch auszeichnet, dass bestimmte Lebenserfahrungen oder Erscheinungen des Lebens dem entsprechend interpretiert werden. Markenzeichen der Esoterik ist das Zuweisen von Bedeutungen.
Warum Achtsamkeit keine Esoterik ist
Aus den vorgenannten Umschreibungen von Esoterik kann man ersehen, dass Esoterik vor allem eine Art geistige Brille ist, mit der interpretiert und bewertet wird. Wenn man sich das vor Augen hält und z. B. Jon Kabat-Zinns Definition von Achtsamkeit zu Rate zieht, dann ist sofort offenkundig, dass Esoterik und Achtsamkeit ziemlich gegensätzlich sind. Esoterik nimmt die Welt wahr über ein Konzept von der Welt. Achtsamkeit nimmt die Welt wahr als direkte, wertfreie Erfahrung der Welt. Achtsamkeit bemüht sich darum, auf Bewertungen zu verzichten, während Esoterik interpretiert (wertet).
Gemäß Duden kann man Esoterik allenfalls als Grenzwissenschaft betrachten. Achtsamkeit dagegen ist durch eine Vielzahl von Studien in der Wirksamkeit zur Stressbewältigung oder als Basis verschiedener psychotherapeutischer Ansätze wissenschaftlich belegt! Der eingangs erwähnte Zeit Online-Artikel enthält eine Trefferstatistik für den Begriff „mindfulness“ (Achtsamkeit) aus der medizinischen Datenbank pubmed. Demnach findet sich der Begriff in 2016 und 2017 in mehr als jeweils 1000 wissenschaftlichen Publikationen! Dies zeigt, wie stark das Thema beforscht ist. Der besagte Artikel, überschrieben mit „Hör mir auf mit Achtsamkeit!“, setzt sich übrigens überaus kritisch mit Achtsamkeit auseinander. Leider ist zu erkennen, dass die Autorin Achtsamkeit nicht wirklich verstanden hat, geschweige denn aus eigener Erfahrung kennt. Da ist von Achtsamkeit als einer Technik die Rede oder die Begriffe Meditation und Achtsamkeit werden gleichsam synonym verwendet. Man merkt, dass nicht verstanden wurde, dass Achtsamkeitsübungen und Meditationen dazu dienen, eine andere Haltung zum Leben einzuüben, usw.. Zudem werden im Artikel 108 Studien pauschal in Zweifel gezogen, weil es statistisch nicht sein könne, dass es so viele positive Ergebnisse gebe. Wahrscheinlich sei dies eine Verzerrung. Jedoch, wo sind eigentlich die wissenschaftlichen Untersuchungen, die diese Einschätzung belegen? Ich möchte hier aber nicht weiter auf die Fragwürdigkeit des besagten Artikels und der darin enthaltenen Kritik eingehen. Wohlgemerkt, Achtsamkeit darf natürlich auch gerne kritisiert werden. Auch ich hinterfrage erst mal und ich kann nicht bei allem, was unter dem Label Achtsamkeit daher kommt, mit gehen.
Auch Mystik ist keine Esoterik!
Manchmal bin ich wirklich etwas angefressen. Dann nämlich, wenn ich den Eindruck gewinne, dass ich von manchen Menschen in ihre Esoterik-Schublade einsortiert werde. Und wahrscheinlich ist dieser Akt nicht wertschätzend gemeint. Wenn ich auf meiner Unterseite „Über mich“ von mystischen Erfahrungen, die ich gemacht habe, spreche, dann wird das von manch einem womöglich umgehend als Esoterik abgetan. Aus meinem nahen Umfeld habe ich schon den Rat bekommen, doch lieber meine Ausführungen zur Mystik von meiner Seite zu nehmen. Ja, Mystik wird gerne mal unter „Esoterik“ einsortiert. Und nicht nur das. Tatsächlich habe ich über all die Jahrzehnte meines Lebens immer wieder leidvoll erfahren, wie groß die Widerstände werden, wenn ich etwas Mystisches thematisieren möchte und welche Tabuisierung dieses Thema umgibt. Motto des Mainstream-Denkens: Was nicht sein kann, das nicht sein darf. Eine Welt des Schubladendenkens, der Denkverbote und der Tabuisierung. Ich habe früh gelernt, möglichst nichts über meine mystischen Erfahrungen zu erzählen. So bin ich sehr sehr lange verfahren. Es verträgt sich allerdings nicht mit der Achtsamkeit, sich ohne Hinterfragen den Tabuisierungen und dem Schubladendenken unterzuordnen. Und Erfahrungen sind, wie sie nun mal sind, jenseits jedweder soziokulturell geprägten Bewertung. Erst in einem späteren Beitrag möchte ich allerdings einmal mehr über Mystik schreiben. In meinen Augen ist die Mystik ein überaus wertvoller Schatz und eben auch keine Esoterik.
Die Gedanken sind frei …
Hat Esoterik ihre Berechtigung oder ist Esoterik abwegig? Ich denke, dass manche Ansichten der Esoterik in der Zukunft vielleicht noch zeigen werden, dass sie mit der Wissenschaft zu vereinbaren sind. Ebenso bin ich überzeugt, dass das für viele esoterische Vorstellungen nicht zutrifft. Das ist meine persönliche, unbeachtliche „Bewertung“. Tatsächlich tangiert mich Esoterik nicht weiter. Immerhin, Esoteriker hinterfragen manche geläufigen Mainstream-Vorstellungen. Ich bin meinerseits immer dafür, sich eine eigene Meinung zu bilden und sich zu fragen „Ist es denn wirklich so?“ Wirklichkeit statt Dogmen, Ideologien und andere hypnotische Vorstellungen. Hinterfragen halte ich für eine begrüßenswerte Eigenschaft. Im Übrigen: Menschen machen sich Gedanken, manchmal esoterische. Und sie kommen für sich zu bestimmten Ergebnissen. Manchmal sind es sehr seriöse Menschen, die ansonsten mit beiden Beinen mitten im Leben stehen. Was soll‘s, die Gedanken sind frei … . Indes, wer therapiert und Esoterisches anwendet, ist ohne Frage dafür in der Verantwortung. Wie auch immer, mir geht es hier nicht darum über Esoterik oder „Esoteriker“ zu urteilen.
Esoterik, Achtsamkeit und die Hinwendung zu sich selbst
Esoteriker, die glauben, Achtsamkeit und Esoterik seien gut miteinander vereinbar oder seien sogar gleichzusetzen, befinden sich im Irrtum. Ja, es gibt einige Menschen, die Esoterik für sich zunächst in Spiritualität und inzwischen in Achtsamkeit übersetzt haben. Das offenbart eine erhebliche Unkenntnis von Achtsamkeit. Auf Esoterik beruhende Anwendungen oder Behandlungen sind nicht deshalb achtsam, weil sie sich uns selbst, also unserer inneren Wahrnehmung und Befindlichkeit zuwenden. Ja, Achtsamkeit wendet sich auch uns selbst zu und nimmt unsere Befindlichkeiten ernst. Auch dabei ist Achtsamkeit nicht wertend. Esoterik aber interpretiert gerne, sucht nach Ursachen der Befindlichkeiten und strebt nach Veränderung. Es ist das Bewerten/Nicht-Bewerten, das den deutlichen Unterschied hervorkehrt! Nein, es gibt keineswegs eine Gleichung nach der Achtsamkeit sich nach innen, uns selbst zuwendet, Esoterik auch, also ist beides dasselbe. Nach dieser Logik müsste auch Psychologie Esoterik sein. Bitte die Dinge auseinander halten und nicht unsachgemäß vermengen.
Wie erwähnt, Esoteriker wenden sich gerne auch ihrem Innenleben und ihren Befindlichkeiten zu und streben Veränderungen an. Man möchte Entwicklungen und Veränderungen forcieren, aktiv bewirken. Viele „normale“ Menschen, die weder einen Bezug zu Esoterik, noch zu Achtsamkeit haben, möchten übrigens ebenfalls gerne Veränderungen forcieren. Für einen achtsamen Menschen hingegen ist erst mal alles okay, so, wie es ist. Freilich wünscht sich ein achtsamer Mensch auch einige Veränderungen. Der wichtige Unterschied ist wohl, dass das nicht mit derselben Forcierung angegangen wird. Ein achtsamer Mensch ist sich, wie ich glaube, mehr darüber im Klaren, dass Veränderung und damit Entwicklung eine Art natürlicher Entfaltung ist. Sie ist nur im Rahmen gegebener Voraussetzungen möglich. Alles zu seiner Zeit. In einem achtsamen Sinn geht es wohl eher darum, Barrieren zu lösen als forciert auf eine vorgestellte oder geplante Art und Weise voran zu kommen.
„Trittbrettfahrer“
Anerkennung und Erfolg der Achtsamkeit rufen natürlich auch sogenannte „Trittbrettfahrer“ auf den Plan. Manchmal sind es Esoteriker mit einem einseitigen und etwas abwegigen Begriff von Achtsamkeit. Sie vermengen dann Esoterik mit Achtsamkeit. Was auf dieser Basis angeboten wird, ist dann eben nicht unbedingt Achtsamkeit. Achtsamkeit ist keine Esoterik, nur weil es Esoteriker gibt, die in Zusammenhang mit ihren eigentlich esoterischen Angeboten von Achtsamkeit sprechen. Anderen Menschen mit einem ungenügenden Begriff von Achtsamkeit, mangelt es dann eher an der eigenen, tieferen Erfahrung. Damit meine ich nicht unbedingt fehlende Aus- oder Fortbildungen, sondern die eigene vertiefte Begegnung mit Achtsamkeit über eine längere Zeit. Sie springen zu früh auf den Achtsamkeitszug auf. Das Aufspringen von „Trittbrettfahrern“ geschieht freilich auch auf anderen Gebieten, wenn etwas Erfolg hat. Da braucht es dann schlicht Unterscheidungsfähigkeit.
Warum Achtsamkeit provozieren kann
Die Botschaft der Achtsamkeit steht im Widerspruch zu vielem, was Menschen in dieser Gesellschaft von klein auf lernen. Nicht bewerten und Akzeptanz gegenüber all dem, was da ist? Credo der Gesellschaft ist doch eher, dass bekämpft werden muss, was missliebig ist. Dem, was als unerwünscht bewertet wird, wird gleichsam die Existenzberechtigung abgesprochen. „Obwohl es ja schon existiert!“, möchte man aus Sicht der Achtsamkeit ausrufen. Achtsamkeit stellt jedenfalls das gängige Weltbild unserer Gesellschaft infrage. Klar, dass Achtsamkeit insofern eine Provokation ist. Reagiert dann deshalb mancher unbewusst voreingenommen, mit Ablehnung und Widerstand? Oder wertet Achtsamkeit abschätzig als Esoterik? Vielleicht.
Danke für Deinen Kommentar iradj!
Man kann es so betrachten. In meiner Sicht sieht es etwas anders aus: Die Idee von der Kontrolle hängt zusammen mit unserem Verständnis als ein „Ich“, das vermeintlich Kontrolle hat. Gerade in der gegenwärtigen Corona-Krise kann man gut erahnen, dass wir eben eher nicht so sehr die Kontrolle haben. In meiner Wahrnehmung geht es weniger darum, das Leben kontrollierend zu managen, sondern in Einklang mit dem Leben zu gelangen, sprich mit dem eigenen inneren Fluss des Lebens, so wie es gerade ist. Wir wissen eigentlich meist intuitiv, was wir tun sollten und was richtig ist. Wegen allerlei Normen, Konventionen und anderem verhalten wir uns jedoch selten danach. Wir kontrollieren mit dem Verstand nach erlernten Maßstäben. Im Übrigen: Letztlich ist alles Sein oder Leben und da gibt es nicht wirklich etwas niederes oder höheres. Es gibt nur ein Sein und nur ein Bewusstsein. Insofern gibt es auch kein höheres Bewusstsein. Es gibt Menschen an bestimmten Punkten der Entwicklung und mit ihrer speziellen Sicht auf das Leben. Und natürlich ist diese spezielle Sicht nicht immer in Einklang mit dem, was die Einheit des Seins und eine sich daraus ergebende „Ethik“ nahe legen würde.
Herzliche Grüße,
Rigobert
mainfullness zu sein, nicht urteilen und achtsam sein, um immer in gegenwart zu bleiben und den unterbewusstsein zu kontroliern fördert einem, um zu einem höheren Bewusstsein zu gelangen und über die Gewohnheiten des niedrigen Mensch d. h.nur essen , kurzlebige Genüsse und agressivität zu stehenn und auf den Weg zu einem vollkommenen ;enschen zu schreiten.