Lebenspraxis | Ein Einsichts- und Lebenserfahrungs-Blog zu Achtsamkeit
Jenseits der Akzeptanz …
Es gibt ein tieferes Verständnis von Akzeptanz, das uns helfen kann, leichter „akzeptieren“ zu können. In Kurzform: Wirkliche Akzeptanz ist dann da, wenn so etwas wie Akzeptanz irrelevant ist!
Neutrales Sein
Die Dinge, denen wir uns gegenüber sehen, sind so, wie sie sind. Sie haben eigentlich keine bestimmte Bedeutung. Bedeutung entsteht aus unserer Interpretation, aus einer Bewertung, die etwas Bestimmtes aus etwas Neutralem macht. Alle Gegebenheiten stellen sich überdies konsequent über bestimmte vorausgegangene Bedingungen ein. Insofern sind alle Gegebenheiten letztlich der eingetretene normale Folgezustand, also absoluter Normalzustand. Nichts ist falsch daran, aber auch nichts richtig. Ein „normaler“ Sachverhalt müsste uns eigentlich nicht weiter kümmern, wir müssen ihn weder gut heißen noch ablehnen und bekämpfen. Mit dieser Einsicht ließe sich gut leben. Aber da haben wir die Rechnung ohne unser Ego gemacht …
„Ich“ hat eine Meinung
Als die Person, als die wir uns definieren, tun wir so, als hätten wir gewissermaßen ein Anrecht darauf, wie die Dinge laufen und wie es sein sollte. „Das kann so nicht sein“, postuliert unser Ego, ringt um Kontrolle und beruft sich dabei gerne mal auf irgendein höheres Recht gemäß seinem Gerechtigkeitsempfinden, seinem Weltbild oder gemäß vermeintlich allgemeingültiger moralischer Werte. Die Ego-Person nimmt‘s persönlich, denn sie bezieht das Eingetretene auf sich. Wir als Person verhalten uns dann gerade so als hätten wir über die Existenzberechtigung des Sachverhalts mitzubestimmen. Die Wahrheit ist: Sorry, liebes Ego, es ist schon existent! Deine Meinung ist schlicht nicht gefragt! Unsere Ego-Person verhält sich in dem Moment so, als sei sie getrennt von der Welt, stünde dieser gegenüber oder gar irgendwie über ihr. Aus der Getrenntheit der Ego-Brille heraus, erscheint es uns so, als käme es darauf an, ob wir zu Gegebenheiten unseren Segen geben oder auch nicht; wir reden von Akzeptanz …
Hier, jetzt … alles okay
In einem Dasein, in dem nichts beurteilt oder bewertet wird, ist gewissermaßen alles okay. Wenn Sie Achtsamkeit üben und das Bewerten unterlassen, nur im Moment verweilen, dann erfahren Sie genau das. Es ist okay, ohne Ihr Okay zu brauchen. Weil Sie das Bewerten unterlassen, geben Sie dann auch Ihrer Person keine bestimmte Bedeutung. Kein Wert als dies oder das, kein Ego, sie sind mit allem eins. Sie sind mit dem, was da ist, oder besser: Da ist einfach nur dieses Sein. Und deshalb ist es so: Akzeptieren müssen Sie vermeintlich dann etwas, wenn Bewertungen aufgekommen sind und Geschichten erzählt werden. Dann also, wenn Sie sich selbst oder irgendein Objekt aus dem ungeteilten Sein herausgelöst haben. Nur dann müssen Sie vermeintlich etwas akzeptieren, was Sie selbst durch Bewerten zu etwas Getrenntem und Besonderem gemacht haben.
„Meine“ Meinung ist nicht gefragt
Tatsächlich also, ist meine Meinung, die Meinung der Ego-Person, nicht gefragt. Vor allen Dingen verändert sie nichts. Es ist schon so! Die Erfahrung ist einfach da. Alles aktive Akzeptieren ist im Grunde etwas Ähnliches wie das Bekämpfen. Es bestärkt nur die Idee, dass da vermeintlich etwas von Bedeutung ist: Ein Problem, um das ich mich kümmern muss. Vergessen Sie also am Besten auch die Idee vom „Akzeptieren“. Es ist kein Tun gefragt, sondern eher ein Enthalten (und letztlich nicht einmal das). Enthalten Sie sich, etwas für (Akzeptieren) oder gegen (Bekämpfen) eine Erfahrung zu tun. Aller Aktionismus, also das „Akzeptieren“ bezeugt nur, dass wir schon einem falschen Gedanken auf den Leim gegangen sind und nun versuchen, innerhalb dieses Rahmens ein „Problem“ zu lösen. „Probleme“ entstehen durch problematisieren!
Normalität akzeptieren?
Was als Gegebenheit eintritt, ist natürlicherweise so. Was auftaucht, ist „normal“ und hat letztlich keine wirkliche Bedeutung. Das heißt nicht, dass kein Schmerz oder Leid auftauchen kann, wenn wir mit etwas als normale Gegebenheit umgehen. Man muss den Schmerz aber nicht durch Bedeutungen überhöhen. Die Spitze wird ihm genommen, wenn er als normale Gegebenheit gesehen werden kann und, vielleicht zum ersten Mal, mit einer gewissen Neugier einfach nur untersucht wird. Wie auch immer: Letzten Endes und so gesehen gibt es nichts zu akzeptieren, denn etwas Normales braucht keine Akzeptanz, von Niemandem.
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