Das halbvolle Glas: Selbstzweifel überwinden
Selbstzweifel können sehr hinderlich sein. Sie können uns beispielsweise davon abhalten, überhaupt die Dinge in Angriff zu nehmen, die uns eigentlich wichtig sind. Wir könnten es vielleicht nicht schaffen, also lassen wir es doch lieber gleich. Für unser Gefühl von uns selbst, ist es natürlich auch qualvoll. Nein, Selbstzweifel fühlen sich nicht gut an. Ein Gefühl von Minderwertigkeit, mangelndes Selbstbewusstsein und Ähnliches können im Verbund damit auftreten. Aber wie kommt es überhaupt zu diesen Zweifeln? Ich möchte in diesem Beitrag vor allem die Zusammenhänge aufklären. Und natürlich möchte ich auch aufzeigen, wie wir Selbstzweifel überwinden können. Und wer hätte es gedacht, für einen Blog zu Achtsamkeit, ist das Mittel zur Überwindung von Selbstzweifeln natürlich Achtsamkeit.
Ich dachte mir, ich könnte mal wieder an einer Blogparade teilnehmen und habe mal nachgesehen, was es im Moment an Blogparade-Themen gibt. Siehe da, „Selbstzweifel“. Okay, dazu kann ich was sagen und von meinem Blogthema Achtsamkeit her ergeben sich interessante Perspektiven, also los …
Selbstzweifel? Was heißt das?
Die erste Frage, die sich mir zu diesem Thema stellt ist: Was meint der Begriff Selbstzweifel eigentlich? Wovon reden wir? Mir fällt dazu das innere Empfinden und der Gedanke vieler Menschen ein, nicht gut genug zu sein: Habe ich überhaupt die nötigen Fähigkeiten, die Kompetenz dafür? Kann ich das jemals schaffen? Der zweite Aspekt, der mir einfällt, ist der sogenannte innere Kritiker. Gemeint ist jene Instanz, die uns ständig selbst beurteilt und uns vorhält, alles Mögliche falsch gemacht zu haben. Wir hätten es angeblich so oder so machen müssen. Der innere Kritiker ist wieder und wieder mit uns unzufrieden, zweifelt also an uns. Fühlt sich das gut an? Klares Nein.
Selbstzweifel und Sicherheit
Selbstzweifel sind etwas, was auch mich früher einmal unangenehm behelligt hat. Es hat mich verunsichert. Es hat mich vorsichtig und zögerlich gemacht. Und so hatte ich bei vielen Dingen, viele Bedenken. Da fehlt dann der Mut, seine ins Auge gefassten Unternehmungen entschlossen durchzuziehen. Es könnte ja was schiefgehen, also nehmen wir das Tempo raus und gehen auf Nummer sicher. „Nummer sicher“ führt aber oft zum Verpassen von Gelegenheiten. Bis ich alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen habe, ist der Zug oft längst abgefahren. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Was wir also mit Selbstzweifeln nicht gut können, ist mutig zu uns selbst zu stehen. Ein Mensch, der starke Selbstzweifel hat, wird wahrscheinlich meist versuchen, sich nach allen Seiten hin abzusichern. Nur kein Risiko.
Im Zuge der Selbstzweifel habe ich also versucht, möglichst auf Sicherheit zu gehen. Und diese Gewohnheit, sich abzusichern, Sicherheit als Wert, hat mich bis zum heutigen Tage noch nicht ganz verlassen. Ich merke, dass ich manchmal noch immer zu sehr abchecke, ob ich mich mit bestimmten Aktionen zu sehr gefährden könnte. Nun, ich denke, das kann hinderlich sein, ist aber nicht immer unangemessen. Schließlich gibt es einen gewissen Selbsterhaltungstrieb und im Sinne einer achtsamen Selbstfürsorge ist es gewiss nicht gänzlich verkehrt, auf eine gewisse Sicherheit zu achten. Wir können nicht einfach so mit Mut losstürmen und alles entschlossen angehen, was wir anstreben. Das kann schlicht eine Überforderung sein. Und weil auch ich mich nicht zu 100% ins Ungewisse fallen lassen kann und noch ein gewisses Sicherheitsbedürfnis habe, checke ich durchaus ab, was ich brauche, um mich noch einigermaßen sicher zu fühlen. Ich gehe nicht zu 100% aufs Ganze. Wir brauchen für uns einfach eine gesunde Balance. Wenn das Sicherheitsbedürfnis und die Selbstzweifel uns jedoch von Dingen abhalten, die für uns wirklich wichtig sind, oder wenn Selbstzweifel uns derart verrückt machen, dass wir allzu beunruhigt sind und kaum mehr strukturiert denken und handeln können, dann stimmt die Balance nicht mehr. Ich persönlich bin heute, wie ich glaube, einigermaßen in einer gesunden Balance.
Selbstzweifel überwinden mit der Brechstange
Am Anfang, als ich selbst begonnen habe, Selbstzweifel zu überwinden, bin ich etwas mit der Brechstange vorgegangen. Es gab für mich einige Dinge, die mir einfach zu wichtig erschienen, als dass ich den Selbstzweifeln hätte erlauben können, mich zu hindern, den risikobehafteten Weg zu gehen. Ich sah es einfach als notwendig an, als besonders wichtig, für bestimmte Projekte einzustehen. Augen zu und durch. Seinen Weg gehen, trotz Ängsten. Das geht dann manchmal nach dem Motto „Was nicht umbringt, härtet ab.“ Wenn wir uns unangenehmen Dingen aussetzen , können wir immerhin eine gewisse Desensibilisierung beobachten. Mit der Zeit wird es leichter. Wenn wir unsere Selbstzweifel nicht zuvor schon auf eine angemessenere Art abgelegt haben und im Grunde die Selbstzweifel noch glauben, dann kann das ein ziemlich anstrengender Weg sein. Es ist die harte Tour ohne Selbstfürsorge und Mitgefühl gegenüber sich selbst. Nein, achtsam ist das nicht.
Die Entstehung von Selbstzweifeln und logische Folgen
An dieser Stelle macht es Sinn, das Thema vor allem weiteren nun endlich von der Wurzel her zu beleuchten. Woher kommen Selbstzweifel? Das ist leicht zu beantworten. Selbstzweifel entwickeln sich, wenn wir von Außen in Frage gestellt werden und die Kritik glauben. Selbstzweifel entwickeln sich vorzugsweise in jener Zeit, in der wir uns nur wenig darüber klar sind, was uns selbst ausmacht und einzigartig macht. Natürlich geschieht es fast immer in der Kindheit. Kinder müssen sich erst mal in dieser Welt orientieren und sich finden. Und weil sie selbstverständlich noch nicht an ihrem Platz im Leben angekommen sind, sind sie mehr oder weniger leicht beeinflussbar. Erziehung! All die Autoritätspersonen, die Kindern sagen, wie sie es zu machen haben und vor allem, was sie angeblich alles falsch machen. Manche Eltern, Lehrer und andere vermitteln Kindern das Gefühl, dass sie so ziemlich alles falsch machen und irgendwie nicht richtig sind. Es entsteht das nach meiner Beobachtung recht verbreitete Gefühl „Ich bin nicht gut genug“. Statt Kinder zu bestärken und ihnen zu helfen, zu erkennen, was sie gut können und was sie einzigartig macht, hagelt es Kritik. Und die Kritik ist meist nicht konstruktiv. Zudem ist die Kritik oft völlig irregeleitet. Eltern haben manchmal einen Plan, was aus ihren Kindern werden soll und wie sie sein sollen. Aber trifft der Elternplan, das was die Kinder wirklich sind, was sie persönlich ausmacht? In der Regel nicht. Verwundert es wirklich, wenn Kinder Dinge, die gar nicht zu ihnen passen, ‚falsch‘ machen? Warum denn sollten sie das je ‚richtig‘ machen können? Kurzum: Man wird oft in jungen Jahren aus der Bahn geworfen. Menschen werden auf diese Weise verunsichert und beginnen an sich zu zweifeln. Übrigens ist weder zu viel pauschale und nicht konstruktive Kritik hilfreich, noch überschwängliches Lob für schlicht jede erdenkliche Kleinigkeit. Ich habe Eltern erlebt, die jedes noch so hingeschmierte Bild des Sprösslings zu großer Kunst hochstilisiert haben. Das hilft nicht dabei, eine realistische Einschätzung seiner Fähigkeiten zu entwickeln. Kinder brauchen ein konstruktives Feedback. Was ist gut? Wo gibt es noch Entwicklungsmöglichkeiten? Und bitte keinen Druck machen, der vermittelt, man müsse unbedingt tätig werden, um besser zu werden. Das bedeutet dann immer: So, wie Du bist, bist Du nicht gut genug. Also: Konstruktive Kritik ja, noch mehr aber Bestärkung, sinnvolle Bestärkung, keine sinnfreie.
Was ist die Folge dieser Verunsicherung und der Selbstzweifel, die solcherart in uns geschürt werden? Wenn ich nicht gut genug bin, versuche ich eben gut genug zu werden. Viele entwickeln einen großen Perfektionismus. Wenn ich es nur gut genug mache, bekomme ich das Lob und die Anerkennung. Und, wie schon oben erwähnt, beginnt der Versuch, sich gegen alle Eventualitäten abzusichern. Weiteren Schmerz durch Abwertung möchten wir vermeiden.
Selbstzweifel: Das grundlegende Verhaltensmuster
Okay, was ist hier nun passiert und was läuft in eine grundlegend nicht hilfreiche Richtung? Das ist passiert: Wir versuchen, es der Außenwelt recht zu machen. Was denken die anderen? Wir wollen uns als gut genug beweisen. Und damit machen wir uns abhängig vom Urteil anderer. Wir sind nur etwas wert, wenn andere uns das bestätigen. Die Crux ist, dass wir uns den Schuh anziehen, den uns andere hingestellt haben. Wir glauben es ihnen, dass wir nicht gut genug seien und etwas dagegen tun müssten. Wir agieren in einem vorgegebenen Rahmen. Wir übernehmen beispielsweise auch Erwartungen an uns und machen sie zu unseren eigenen, solange bis wir sie von unseren eigenen Bedürfnissen nicht mehr unterscheiden können. Es ist ein Verhaltensmuster, das sich da entwickelt und das uns ein Leben lang verfolgen kann. Die Suggestion des Musters ist, dass wir nicht gut genug sind. Dadurch, dass wir uns dann an die vermeintlichen Gesetze innerhalb des Musters halten und uns bemühen, besser zu werden, werden wir jedoch niemals die Verunsicherung und die Zweifel an uns überwinden. Es gibt Menschen, denen kann man es beispielsweise kaum recht machen. Fatal ist auch, dass wir mit der Haltung, nicht gut genug zu sein, uns derart gegenüber anderen präsentieren, dass wir förmlich darum bitten, abgewertet zu werden. Wir selbst präsentieren das Muster unbewusst nach außen und bieten dem Gegenüber den Richterstuhl an. Und es findet sich immer jemand, der den Platz einnimmt. Aber das ist nicht alles. Manchmal wertet das Gegenüber uns gar nicht ab, sagt nicht „Du bist nicht gut genug“. Da wir in unserer jahrelangen Gewohnheit aber durch diese Betrachtungsbrille sehen, interpretieren wir die Abwertung ganz einfach. Wir projizieren unser Muster auf die Situation und auf den anderen.
Das Muster überwinden
Das Muster ist eine Falle, ein Gefängnis (vgl. Blogbeitrag „Mit Achtsamkeit Richtung Freiheit“). Freiheit und Eigenschaften wie Selbstbewusstsein, Selbstsicherheit oder Selbstwertgefühl in einem positiven Sinn finden wir nur außerhalb dieses Gefängnisses. Wir lösen uns vom Muster, wenn wir dieser hypnotischen Vorstellung des Nicht-Gut-Genug-Seins und ihren vermeintlichen Schlussfolgerungen die Bedeutung entziehen. Es ist eine Lüge! Man hat uns das übergestülpt. Und hier kommt die Sache mit dem halbvollen oder halbleeren Glas ins Spiel: Wohin geht mein Blick, meine Aufmerksamkeit? Wenn mein Blick darauf geht, was ich vermeintlich zu tun habe, um besser zu werden, dann sehe ich das halbleere Glas und verbleibe im Muster. Wenn mein Blick dagegen auf mich selbst geht und ich erkennen kann, was meine wahren guten Eigenschaften sind, was meine Einzigartigkeit ausmacht, dann findet eine Anbindung an das statt, was wir aus uns selbst heraus sind. Wir gelangen in unsere Authentizität. Wenn wir bei uns sind, in unserer Kraft, dann fällt es leichter, mutig zu sein und zu tun, was für uns wichtig ist. Wir brauchen dann keine Brechstange und allzu viel Überwindung. Und wir haben wenig oder gar keine Selbstzweifel. Wenn wir aber nur an die Erwartungen und das Urteil der anderen denken und den Plan erfüllen wollen, so wie es angeblich gemacht wird, dann droht das Scheitern. Das Ganze wird dann irgendwie zu starr, zu hakelig und vermag nicht zu überzeugen. Diese reaktive Außenorientierung ist der Nährboden für Selbstzweifel. So gedeihen sie.
Du bist okay, so wie Du bist!
Was wir begreifen sollten: So, wie wir sind, sind wir einzigartig. So, wie wir schon sind, sind wir immer okay (vgl. Blogbeitrag „Du bist okay!“) . Letzteres werde ich im nächsten Absatz noch eingehender erörtern. Was uns nicht hilft, ist die Idee, die Ursache unserer Selbstzweifel, jenes Ich-Bin-Nicht-Gut-Genug-Verhaltensmuster, weg machen zu wollen. Das Muster zu bekämpfen und mit der Brechstange etwas erreichen zu wollen, ist nicht hilfreich. Was ich weg haben will, nehme ich in den Fokus. Auf diese Art gewinnt es an Bedeutung, es wird zum großen Problem. Mit Bekämpfen stärken wir das Bekämpfte nur. Darüber habe ich in meinem Beitrag „Dagegen ist dafür“ geschrieben. Die Aufmerksamkeit und Bedeutung entziehen ist der Weg. Wir wenden die Aufmerksamkeit uns selbst zu: Achtsame Selbstfürsorge. Sich interessieren für das, was mich als diese Person ausmacht, für das, was ich liebe. Seine Einzigartigkeit begreifen. Sich interessieren, für das, was meine Bedürfnisse sind und das nicht zurückstellen hinter dem Versuch, besser werden zu wollen, sich selbst zu optimieren.
Die Selbstanzweiflung des inneren Kritikers überwinden
Und dann ist da noch der sogenannte innere Kritiker. Natürlich zweifelt er an uns, denn er kritisiert uns ja fortwährend. Dieser Typ ist bei mir mittlerweile ausgezogen. Ich habe mich zu wenig um ihn gekümmert. So verstummte er und hat sich verflüchtigt. Nein, wir müssen uns nicht ständig selbst kritisieren und uns niedermachen. In einem achtsamen Sinn sind wir eben einfach nur so, wie wir eben sind. Zur Achtsamkeit gehört, möglichst nicht zu bewerten, eben auch nicht uns selbst. Wir können immer nur so, wie wir es gerade mal können. Alle Erfahrungen und Einflüsse, die auf uns wirken, fließen hier an diesem Punkt zusammen, tendieren von ganz allein in eine bestimmte Richtung, und zwar mit einem beträchtlichen Schub. Dem können wir nicht so einfach entkommen. Unser Entwicklungsprozess bringt uns geradezu zwangsläufig an einen bestimmten Punkt, an dem wir so oder so sind, dies oder jenes tun. Das ist an sich weder gut noch schlecht. Es hat seine Gründe und ist weder richtig, noch falsch, sondern geradezu eine logische Folge. Wenn wir das so sehen können, gibt es keinen Raum mehr für einen inneren Kritiker. Wir haben nie etwas falsch gemacht, sondern allein das getan, was im gegebenen Moment unseren Möglichkeiten entsprach. Meist kommt aber der innere Kritiker hinterher daher und behauptet, wir hätten einen Fehler gemacht. Wir hätten es anders machen sollen. Nur, in jenem Moment, haben wir es in der Regel gar nicht anders sehen können und hatten durch unsere Prägungen keine anderen Mittel. Machen wir Dinge bewusst falsch? Eher nicht. Wir tun das Bestmögliche. Und wenn das nicht genug ist …
Achtsamkeit bewertet nicht und nimmt die Dinge so, wie sie sind. Es geht nicht um „richtig“ oder „falsch“. Wir tun, was sich in diesem Moment aus unseren Möglichkeiten ergibt. Und wir sind immer okay, so wie wir schon sind. Tschüss „Innerer Kritiker“. Tschüss innerer Selbstzweifler.
Achtsam gegenüber sich selbst sein und Selbstzweifel überwinden
Zwei Dinge helfen also gegen Selbstzweifel: Den inneren Kritiker überwinden indem wir uns darüber klar werden, dass er nicht recht hat, seine Kritik grundlos und ohne Basis ist. Ihm die Bedeutung entziehen, ihn jedoch nicht bekämpfen. Wenn wir wollen, können wir es sogar so sehen: Der innere Kritiker will eigentlich unser Bestes. Er will uns verbessern. Leider wertet er uns dabei unsagbar ab und schürt das Feuer der Selbstzweifel. Die entscheidende Hilfe gegen Selbstzweifel ist aber die Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf unsere Wesens-DNA, unsere wahre Kompetenz, unsere ureigenen Bedürfnisse und unser Potential. Das bringt uns zurück in unsere Authentizität und Energie. Dazu ist etwas Arbeit nötig. Wir brauchen unsere eigene Wertschätzung für unsere Kompetenz und die Achtung unserer Bedürfnisse. Und s gilt, sich darüber bewusst zu werden, was uns ausmacht, was wir lieben, ja, was unsere Einzigartigkeit und unsere Berufung ist. In unsere Inspiration finden statt alten Suggestionen von anderen zu verfallen und unsere Muster fortzuschreiben. Wenn wir wissen, wie und was wir als diese Person sind und dazu aus tiefstem Herzen ‚Ja‘ sagen, dann entziehen wir Selbstzweifeln den Boden und all das Nicht-Gut-Genug-Sein verschwindet in der Bedeutungslosigkeit.
Wenn Selbstzweifel sehr normal sind und sogar hilfreich …
Es bedarf schließlich noch einiger Ergänzungen. Bis jetzt bin ich mehr davon ausgegangen, dass Selbstzweifel uns schaden und nicht hilfreich sind. Und ich habe geradezu so getan, als ob Selbstzweifel etwas Unnormales sind. Doch es gibt auch andere Aspekte.
Es ist normal, dass wir aufgrund massiver Infragestellung in der Vergangenheit manchmal Selbstzweifel entwickeln. Das ist das normale Geschehen. Wir tragen keine Schuld und sind nicht irgendwie zu blöd. Darüber hinaus ist es in manchen Situationen sogar noch viel normaler, wenn wir Selbstzweifel haben. Wenn wir z. B. vor einer Prüfung stehen, wissen wir nicht, ob wir sie schaffen werden oder nicht. Das ist das normalste von der Welt, oder? Es ist wahr, wir können es nicht wissen, denn wir können die Zukunft nicht vorhersagen. Für einen achtsamen Menschen gibt es in gewisser Weise keine Zukunft. Es gibt nur den gegenwärtigen Moment. Das ist die einzige Realität. Vergangenheit ist bloß eine Erinnerung im jetzigen Moment, Zukunft nur reine Spekulation. Und deshalb versuchen wir, wenn wir Achtsamkeit praktizieren, im gegenwärtigen Moment zu bleiben, uns nur dem zuzuwenden, was wirklich da ist. Bezogen auf die Selbstzweifel, ob ich etwas in einer vermeintlichen Zukunft schaffe oder nicht, kommen wir so zu dem Schluss, dass uns das jetzt nicht interessieren muss. Wie sagte Christus? Der morgige Tag wird für sich selber sorgen. Und was können wir schon tun? Wir tun einfach das Bestmögliche! Mehr geht nicht. Bleiben wir bei uns selbst und tun genau das. Und wenn es schief geht? Ganz einfach, ja, das kommt vor. So ist das Leben. Die Spekulation muss uns trotzdem nicht interessieren. Sie macht uns nur verrückt und raubt uns die Fokussierung auf das, was wir leisten können.
Manchmal sind Selbstzweifel sogar richtig hilfreich. Denn, wie gesagt, gerade in der Kindheit werden wir gerne mal frühzeitig aus der Bahn geworfen und möglicherweise werden wir auf den falschen Dampfer gesetzt. Eltern schaffen es manchmal, uns in eine Berufslaufbahn zu drängen, die wir eigentlich nicht wollen, weil es nicht „unser Ding“ ist. Sollten wir da nicht Selbstzweifel haben? Unbedingt! Manchmal ist unsere Entscheidung und die eingeschlagene Richtung einfach nicht stimmig. Dann können Selbstzweifel eine Wende anstoßen. So können wir sogar Selbstzweifel freundlich begrüßen, weil sie uns aufmerksam machen auf die Unstimmigkeiten.
Selbstzweifel, Ego, Flow
In diesem Blog habe ich auch schon das eine oder andere Mal auf den Flow-Zustand Bezug genommen, insbesondere in „Achtsamkeit in Vollendung: Der Flow“ und in „Was lehrt der ‚Flow‘“. In Flow-Zuständen sind wir ganz eins mit unserem Tun. Meistens beschäftigen wir uns da mit Dingen, die wir lieben und in denen wir ohne Anstrengung aufgehen können. Wir vergessen uns selbst im Flow. Ein „Ich“, bzw. eine Ich-Definition spielt keine Rolle. In diesem Zustand gibt es auch keinen Raum für Selbstzweifel. Es ist schlicht unmöglich in einem Flow-Zustand Selbstzweifel zu haben. Und das kann für uns ein weiterer Hinweis darauf sein, mit was Selbstzweifel in Verbindung stehen und wie sie überwunden werden können. Ich habe es schon erwähnt: Wenn wir ganz bei uns sind, wenn das, was wir tun, gleichsam „unser Ding“ ist, dann haben Selbstzweifel keinen Platz. Genau das geschieht im Flow. Wenn wir aus dem heraus leben können, was wir sind und wie wir sind, dann verschwinden Selbstzweifel früher oder später. Und schließlich das „Ich“ oder die Ich-Definition: Wenn wir unseren Selbstwert und unser Selbstbewusstsein abhängig machen von der Bestätigung anderer, dann werden immer wieder mal Selbstzweifel aufkommen, nämlich dann, wenn wir diese Bestätigung nicht erhalten und infrage gestellt werden. Nein es geht nicht darum, dass „Ich“ in Glanz und Gloria auf einem Podest stehen kann, sondern darum, dass wir Heimat finden in uns. Wir sind schon jemand, einfach durch unsere pure Existenz. Wir müssen uns nicht beweisen. Stattdessen können wir uns entdecken als der einzigartige Mensch der wir sind und daran Freude haben. Dabei geht es mehr darum, sich hinzugeben an das , was uns ausmacht und uns am meisten am Herzen liegt. Es geht nicht darum uns, das heißt dieses „Ich“ zu erhöhen. Fazit: Die wesentlichste und wirkungsvollste Medizin gegen Selbstzweifel ist es, sich fallen zu lassen in das, was wir schon sind. Nicht Erwartungen anderer zum Maßstab machen und sich abhängig machen von deren Urteil. Und auch unsere eigenen zu hohen Maßstäbe und Erwartungen gegenüber uns selbst sind reine Vorstellungen, ja Hypnosen. Auch wenn wir einem abstrakten Selbstbild nacheifern, sind wir nicht bei dem, was wir wirklich als diese Person schon sind.
Dieser Beitrag sollte eigentlich an einer sogenannten Blogparade teilnehmen. Üblicherweise verweise ich an dieser Stelle per Link darauf.
Der Initiator der Blogparade hat sich jedoch leider nicht an eigene, bzw. übliche Regularien gehalten.
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